Weltnotwerk e.V. Solidaritätsaktion der KAB

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Eine Bank namens Lilly

In der Zeit vom 24.10. bis 08.11.23 reiste eine siebenköpfige Delegation des Arbeitskreises Madagaskar aus Aachen zum erneuten Besuch von Iray Aina* ins Land.  

Verglichen zu vorherigen Besuchen hatten wir die deutliche Verschlechterung der wirtschaftlichen und sozialen Lage feststellen müssen. Die Folgen des Klimawandels zeigt sich in verschärfter Form. Politisch verabschiedet sich Madagaskar von der Demokratie: Korruption ist die neue Pest in Madagaskar.

Partnerschaftlich bezogen galt es bei dieser Reise, die neuen Verantwortlichen von Iray Aina kennenzulernen. Eine führte uns zu Lilly. Unsere Fahrt begann in einem der vielen Stadtteile der Hauptstadt Antananarivo. Dabei zwängten wir uns mit unserem Taxi durch die engen und verstopften Straßen, unseren Blick auf die laut ihre Waren anpreisenden Straßenhändlern richtend. Zu sehen waren auch viele Frauen, die Gemüse, Obst und Reis, ausgelegt auf Decken, an den Straßen verkauften oder in den Gargottes (Garküchen) etwas zu essen anboten. Darunter viele sehr junge Mädchen, die ihre Babys in Wickeltüchern trugen. Eine Frau wühlte in Abfällen und versuchte am Straßenrand winkend eine dort gefundene Kappe zu verkaufen. Andere trugen Wasser nach Hause oder suchten im Abfall nach etwas Essbarem. Es waren keine ermutigenden Bilder; und fast immer Bilder von Frauen.

Irgendwann kam unser Taxi nicht mehr weiter. Die Straße war wegen der vielen Schlaglöcher unpassierbar geworden. Wir musten aussteigen und uns zu Fuß auf den Weg zu Lilly machen, während uns Kinderscharen lachend „Vazaha“ (Name für einen hellhäutigen Fremden) nachriefen.

Durch ein kleines Gässchen erreichten wir Lillys vielleicht 12 qm große Wohnung, umzäunt von einem kleinen Hof mit einem Schuppen und Hühnerställen. Neben Lilly, die wir von unserer letzten Reise, 2015, sofort wieder erkannten, gesellten sich noch weitere Frauen aus der Nachbarschaft, die den den Kern der Frauengruppe bildeten, hinzu. Vor 10 Jahren erhielten sie erstmals einen Mikrokredit mit Hilfe von Iray Aina. Seit dieser Zeit ist Lilly dabei und wurde zu einer Aktivistin der Bewegung – Lilly ist einfach eine starke Frau, die ihr Anliegen, „etwas gemeinschaftlich zu machen“ powert.

Es entsprach der madagassischen Gastfreundschaft, dass wir zu Begrüßung selbst hergestellten, eisgekühlten Sojajoghurt, verpackt in hygienischen Bechern, angeboten bekamen. Für Madagaskar ein Qualitätsmerkmal. Der Joghurt ist ein praktisches Beispiel dafür, was die Frauen konkret zusammen entwickeln. Gemeinsam bauen sie ein Catering von Kuchen und Gebäck auf, den sie Organisationen, kirchlichen Gruppen etc. für Veranstaltungen anbieten. Lilly ist zuversichtlich, dass dieses Projekt sich ausweiten und mehr und mehr Abnehmer finden wird. Sie ergänzte noch, dass Iray Aina ihrer Frauengruppe eine Ausbildung ermöglicht hatte. Bildung ist voraussetzungslos. Mittels Mikrokrediten können sich die Frauen auch energieeffiziente Holzöfen kaufen. Aus Holzabfällen werden kleine Anzündhilfen hergestellt. Eine kleine Einnahmequelle, ihr Projekt zukunftsfähig aufzustellen.

Eine Frau vertreibt flüssige Seife, eine andere wiederum ist Wäscherin. Lillys Frauenteam bildet zugleich auch eine Spargruppe. Jede Frau zahlt pro Woche zwischen 1.000 und 5.000 Ariary (20 bis 100 Cent) in eine Spargruppe ein. So sichern die Frauen, dass sie immer, auch wenn’s finanziell eng wird, das Schulgeld für ihre Kinder bezahlen können oder sichern sich für den Notfall einen Kredit aus der Spargruppe. Übrigens, den Zins vereinbaren die Frauen gemeinsam.

Dass Frauen in Madagaskar kein eigenes Konto bei einer Bank eröffnen können, ist ein Problem vor allem für die wirtschftlich Selbständigen unter ihnen. Aus dieser Notlage heraus sammelt Lilly die Gelder für die Gruppe oder gibt sie aus. Auf Dauer muss aber Iray Aina vor Ort nach anderen Lösungen suchen.

Weil die Frauen gesehen hatten, wie gut uns der Joghurt geschmeckt hatte, hatte uns Lilly spontan welchen in das Bildungszentrum, in welches wir abends ankommen waren, gebracht. So war unser nächstes Frühstück mit dem Sojajoghurt, frischen Mangos und Ananas schnell zubereitet. Es wurde von uns regelrecht „verputzt“.   

(Ein Ausschnitt aus dem Reisebericht von Andris Gulbins)

* Iray Aina ist ein Verband, der sich landesweit in 14 Regionen aufteilt und in 8 der 21 Diözesen Madagaskars Gruppen hat. Organisiert wird die Arbeit der Bewegung vom Nationalbüro, mit Sitz in der Hauptstadt. Dort sitzen zwei 'Freigestellte', die die Bildungs- und Aktionsarbeit steuern und verantworten. Die Nationalleitung und alle Strukturen in den Regionen und den Basisgruppen sind ehrenamtlich.

 

 

Lilly, 2.v.r. Foto: Andris Gulbins

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